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Scheiden tut weh

Torsten Geiling • 21. März 2022

"Wenn wir aufhören zu hoffen, ist es Zeit zu gehen"

Der systemische Coach Torsten Geiling spricht in der Für Sie über Trennungen und den Neuanfang

Wie meistern wir eine schmerzhafte Trennung, was ist mit der Angst vor dem Alleinsein und warum es wichtig ist, egoistisch zu sein. Torsten Geiling hat als systemischer Coach und Beziehungsberater in der Zeitschrift "Für Sie" wichtige Fragen rund um Trennung und Neuanfang beantwortet.

Man gibt eine langjährige Partnerschaft ja nicht leichtfertig auf. Zukunftsängste und Schuldgefühle halten viele Menschen lange von einer Trennung ab. Und: „Anders als der verlassene Partner, der Mitgefühl von seinem Umfeld erfährt, steht der, der die Beziehung beendet hat, häufig alleine da. Noch dazu schlagen ihm vielleicht Unverständnis und Vorwürfe entgegen“, sagt der Trennungs-Coach Torsten Geiling. Er hilft Betroffenen, mit ihren Zweifeln umzugehen und ermutigt sie auf ihrem Weg in ein neues, selbstbestimmtes Leben. 

Herr Geiling, wann ist es Zeit, sich von seinem Partner zu trennen?
Wenn wir aufgehört haben, zu hoffen. Es gibt ja in jeder Beziehung Phasen, in denen wir denken: „Gerade läuft es nicht so gut, aber es wird sicher wieder besser.“ Bleibt dieser Gedanke aus, ist das ein schlechtes Zeichen. Schlecht steht es auch um eine Beziehung, in der die Partner nicht mehr miteinander kommunizieren können. In der sie auf unterschiedlichen Flughöhen unterwegs sind, sich gar nicht mehr begegnen oder nur noch aneinander vorbeireden. Die wenigsten Paare schaffen es, ihr ganzes gemeinsames Leben im Gleichschritt zu gehen. Manchmal entfernen wir uns etwas voneinander. Das ist erst mal auch nicht schlimm. Es kommt dann nur darauf an, sich immer wieder aneinander anzunähern. Besonders schwierig ist das übrigens, wenn die beiden Partner schon länger Eltern sind. Die meisten Klienten melden sich bei mir, wenn ihre Kinder im Teenageralter oder aus dem Haus sind. Sie stellen fest: „Da lebt zu Hause jemand neben mir, aber die Verbindung ist mir verloren gegangen.“

Und trotzdem ist eine Trennung gerade in dieser Lebensphase schwierig.
So ist es. Für viele sind die Kinder der Hauptgrund, nicht zu gehen. Außerdem hat man sich über viele Jahre etwas zusammen aufgebaut. Oft gibt es gemeinsamen Besitz, ein Haus etwa, das man nicht aufgeben möchte. Bei vielen Frauen stehen auch finanzielle Sorgen im Vordergrund. Sie haben beruflich der Familie wegen jahrelang zurückgesteckt, kaum Rentenpunkte gesammelt und fürchten, später in die Altersarmut abzurutschen. Noch schwerer wiegen bei Menschen, die sich trennen wollen, aber Schuldgefühle dem Partner gegenüber.

Das gesamte Interview lesen Sie, wenn Sie auf das Bild oben klicken. 
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Dabei ist es egal, ob sie 3 oder 30 Jahre alt sind, auch wenn die Trennung je nach Lebensalter natürlich eine andere Bedeutung für die Kinder hat. Jedes Kind hat eine Erklärung verdient Wenn ihr euch als Paar trennt, aber als Eltern gemeinsam weiter agiert, ist das auch im Sinne der Kinder. Oftmals werden die Kinder aber zum Trostpflaster, Faustpfand und Spielball in der Auseinandersetzung der Eltern. Versucht das zu vermeiden, auch wenn klar ist, dafür reicht ein Elternteil aus, der sich nicht daranhält. Geht stattdessen ehrlich mit der Trennung (und einer Scheidung) um. Jedes Kind hat eine Erklärung verdient. Ein offenes Ohr und emotionale Unterstützung sind wichtig, damit die Kinder ihre Gefühle und Ängste verarbeiten können. Dazu gehört auch, mit ihnen altersgemäß zu reden. Was und wie viel man erzählt, stimmen die Eltern am besten untereinander ab. Aber eines sollte klar sein: Auf der Beziehungsebene des Paares haben die Kinder nichts verloren. Die Kinder sollten also nicht mit den Verletzungen, den Schuldgefühlen und der Enttäuschung unter den Eltern konfrontiert und belastet werden. Stattdessen sollte man sich gemeinsam Zeit für ihre Sorgen und Nöte nehmen, so schwer das gemeinsam auch fallen mag. Aber Schmerz gibt es auch bei den Kindern und Jugendlichen jede Menge. Von Wutausbrüchen bis zu Erbrechen, Übelkeit und Kopfschmerzen Jedes Kind zeigt dabei andere Reaktionen. Die Skala reicht von Wutausbrüchen und Weglaufen, über Trauer und Depression bis hin zu psychosomatischen Symptomen wie Erbrechen, Übelkeit, Kopfschmerzen oder auch Einnässen. Mögliche Fragen und Sätze, die die Kinder und Jugendliche quälen können: • Welche Schuld habe ich an der Trennung? Hat es vielleicht an mir und meinem Verhalten gelegen? Hätte ich die Trennung verhindern können? • Wenn Papa oder Mama auszieht, werde ich ihn oder sie dann noch regelmäßig sehen? • Mein Vater verlässt meine Mutter (oder umgekehrt). Wird er das auch mit mir machen? • Meine Eltern wissen, dass meine Welt zusammenbricht. Warum trennen sie sich trotzdem? • Ich liebe Papa und Mama. Muss ich mich jetzt zwischen beiden entscheiden? • Muss das Haus jetzt verkauft werden? Müssen wir umziehen? Verliere ich den Kontakt zu meinen Freunden? Muss Mama/Papa jetzt mehr arbeiten und hat dann weniger Zeit für mich? • Mama und/oder Papa geht es nicht gut. Ich muss nun die Verantwortung für sie/ihn übernehmen. Trotz der eigenen Probleme und eines Gefühlschaos sollten Eltern daher immer im Auge behalten: Was braucht meine Tochter und/oder mein Sohn in diesem Moment? Helfen Sie ihren Kindern dabei, Worte zu finden für das, was sie gerade umtreibt. Fragen Sie sie: Wie geht es dir? Was kann ich für dich tun? Wie fühlst du dich? Ohne mit ihren Antworten den Kindern Hoffnung zu machen, dass die Trennung nur vorrübergehend ist. Auch Kinder können nach einem Schuldigen suchen Gerade Jugendliche sollten in Fragen einbezogen werden, die sie betreffen. Die Eltern sollten sich mit ihren Wünschen auseinandersetzen und über Veränderungen und Regeln sprechen, die durch die Trennung entstehen. Sei trotz der Trennung als Papa und Mama da und biete dich immer wieder an – auch wenn das sehr frustrierend sein kann. Weil Kinder Kinder sind, suchen sie sich vielleicht einen Schuldigen. Auch sie brauchen eine Erklärung, ein Narrativ, warum es so gekommen ist. Und das fällt auch in ihrer Welt leichter, wenn sie jemand die Schuld geben können. Sie verbünden sich mit dem vermeintlich schwächeren Elternteil, oft ist das der Verlassene. Deshalb sollten sich Aufbrechende darauf einstellen, dass die Beziehung zu den Kindern (vorerst) schwierig und von Ablehnung und Feindseligkeit geprägt sein kann, vor allem wenn der Ex-Partner dies nutzt, um sich zu rächen. Da hilft es nur, langfristig zu denken, Verständnis für das Leid mitzubringen und jede Menge Geduld. Eine andere Chance hast du nicht. Sollte der Kontakt abgelehnt werden oder nicht zustande kommen, ist es auch eine gute Möglichkeit, Tagebuch darüber zu führen, was du versucht und angeboten hast, um es bei Bedarf den Kindern später einmal zeigen zu können. Es ist schwer auszuhalten, wenn der andere einen Wettkampf um die Liebe des Kindes beginnt oder seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellt. Spiel trotzdem nicht mit und suche Hilfe bei einer Beratungsstelle oder dem Jugendamt, wenn du das Wohl des Kindes gefährdet siehst oder du dir Sorgen machst, weil dein Kind Auffälligkeiten im Verhalten oder emotionale Probleme zeigt. Trennungskinder sind nicht automatisch fürs Leben gezeichnet Nicht immer ist sofort psychotherapeutische Hilfe nötig. Wie die meisten Erwachsenen gewöhnen sich auch Kinder und Jugendliche mit der Zeit an die neue Familiensituation. Einfacher wird das, wenn die Kinder beide Elternteile weiterhin als verlässliche Ansprechpartner erleben, die auf ihre Bedürfnisse, Sorgen und Nöte eingehen. Negative Gefühle und Verlustängste nehmen ab und die Kinder können sich wieder mich sich selbst und ihrer Entwicklung beschäftigen. Trennungskinder sind auch nicht automatisch durch das Ereignis traumatisiert oder fürs Leben gezeichnet. Eine Familie aus Papa, Mama und Kindern kann ein Hort für Liebe und Vertrauen sein. Manchmal ist es aber auch ein Schlachtfeld und jede andere Form der Familienzusammensetzung ist um ein Vielfaches besser. Zumal Studien zur Trennung mit Kindern inzwischen zeigen, dass Kinder und Jugendliche eine Trennung gut verarbeiten können und keine Auffälligkeiten gegenüber Kindern aus intakten Familien zeigen müssen. Dass dem so kommt, daran haben die Erwachsenen einen entscheidenden Anteil. Je mehr miteinander sie als Eltern pflegen und je weniger Drama sie veranstalten, desto weniger dramatisch empfinden die Kinder die Trennung. Das gilt übrigens auch in abgestufter Form für alle anderen Erwachsenen im Familien- und Freundeskreis, Großeltern, Onkel und Tanten, Freunde und Freundinnen der Eltern. Weitere Informationen findest du im Blogbeitrag "Wir Kinder eine Trennung am besten verkraften" und im Trennungsratgeber "Ich will mich trennen" .
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Taktik und Strategie sind auch in einem Trennungsgespräch wichtig. Deshalb solltest du dir darüber Gedanken machen, wie deine Partnerin oder dein Partner reagiert.
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Manche quälen sich monate- oder gar jahrelang mit der Entscheidung, andere handeln im Affekt: Ganz klar, eine Trennung ist immer (oder in den meisten Fällen) ein tiefer Einschnitt im Leben. Immerhin geht sie oftmals mit vielen Veränderungen einher - für alle Beteiligten. Und je nachdem wie der Trennungsprozess abläuft, kann er durchaus auch traumatisch sein. Meist sind es die Verlassenen, die reichlich Mitgefühl bekommen. Diejenigen, die gehen, stehen nicht selten als die Schuldigen da - für all das "Elend", das so eine Trennung mit sich bringt, vor allem wenn noch Kinder mit im Spiel sind. Mit diesem Thema haben sich die Hosts des Sex-Podcasts Ann-Marlene Henning und Carl Burchardt dieses Mal beschäftigt. Als Experten für Trennungsprozesse haben sie TrennDICH-Coach Torsten Geiling eingeladen. Sein Rat: "Bevor du vom 5-Meter-Turm springst, schau doch mal, ob Wasser im Becken ist". Was eine Trennung "leichter" macht, und wie man nicht in die Opferrolle verfällt, bzw. aus ihr rauskommt, darüber haben die drei miteinander gesprochen. Unter anderem. Hört doch mal rein! Und klickt auf das Bild oben, um zum Podcast zu gelangen.
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